Donnerstag , 28 März 2024
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Die Universalzeit Local Hero von Moritz Grossmann verspricht viel auf dem Zifferblatt kann es aber in der Praxis nicht halten.

Moritz Grossmann lanciert “Universalzeit Local Hero”

Als Jugendlicher hat mich die Welt fasziniert. Als Student wollte ich unbedingt Pilot werden. Im Berufsleben war ich achtzig Prozent des Jahres unterwegs, jedoch nicht als Pilot, sondern als Unternehmer. Auch als Rentner bin ich immer noch ein “Reisefüdli”, was im Schweizer Dialekt soviel bedeutet, dass ich gerne Reise. Eine zuverlässige Weltzeituhr begleitet mich immer auf allen Reisen. 

Die übersichtliche Darstellung zweier oder mehrerer Ortszeiten auf dem Zifferblatt beschäftigt die Hersteller von Armbanduhren schon seit geraumer Zeit, und bis heute streiten sich die Geister darüber, wem die Anzeige nützen soll – dem Reisenden oder dem Daheimbleibenden? 

Louis Cottiers Weltzeitpatent
Um das zentrale Zifferblatt mit Stunden- und Minutenzeiger, das die gewählte Ortszeit angibt, dreht sich eine 24-Stundenscheibe im Gegenuhrzeigersinn pro Stunde um eine Einheit weiter, während am Rand eine unbewegliche Scheibe verschiedene Referenzstädte, -regionen oder auch -länder anzeigt. Die Stadt mit der eigenen Ortszeit ist in der Regel bei zwölf Uhr platziert.

Die klassische Weltzeitanzeige geht auf eine Konstruktion von Louis Cottier zurück, der in den 1930er Jahren einen gegen den Uhrzeigersinn rotierenden 24-Stunden-Mechanismus entwickelte und ihm einen Skalenring mit den Namen der Zeitzonen-Referenzstädte gegenüberstellte. Zum Ablesen braucht es etwas Übung und Phantasie, denn die Lokalzeit am fernen Ort ist recht klein dargestellt. Aber die Funktion stammt auch noch aus einer Zeit, als man die Geschäftswelt vornehmlich vom Schreibtisch aus per Telefon bereiste. 

Die andere Kategorie der Zeitzonenuhr wird durch die Rolex GMT-Master oder die Patek Philippe Travel Time repräsentiert, bei denen sich der Haupt-Stundenzeiger per Krone oder Drücker in Stundenschritten fortschalten lässt, ohne dass die Minute verloren geht. Hier dient oft eine zusätzliche 24-Stunden-Anzeige dazu, die Heimatzeit zu konservieren – ideal für Reisende, die am Zielort schnell und unkompliziert die neue Lokalzeit einstellen wollen. 

Ich persönlich bevorzugte die Erstere, Vacheron Constantin Weltzeituhr mit 37 Weltzeitzonen. Damit habe ich immer gute Erfahrungen gemacht. Oder eine Patek Philippe Elite Traveller Ref. 5230 mit 24 Stunden Anzeige. 

“Die neue Universalzeit von Moritz Grossmann verbindet das Beste aus beiden Welten und hebt die praktische Funktionalität auf ein neues Niveau”, will mir Christine Hutter, CEO von Moritz Grossmann mit einem lapidaren Pressetext verfasst von GLB weismachen.

Ich muss zugeben, auf den ersten Blick, war ich vom Zifferblatt der Armbanduhr sofort angesprochen und fasziniert. Als ich mich damit intensiver beschäftigte war die “Universalzeit Local Hero” für mich nur mehr eine Stahluhr mit 44,5 mm Durchmesser für einen Phantasiepreis von 50’000 Euro mit 6 Referenzstädten. 

Es lässt sich nicht von der Hand zu weisen, dass mich die Mechanik der Uhr fasziniert. Denn Sie bietet dem Vielreisenden die Schnellverstellung des Stundenzeigers über eine Krone bei der «10», die in Wirklichkeit ein Drücker ist. Zum Anderen informieren Fensteranzeigen auf der Weltkarte im Zifferblatt den Betrachter über die aktuellen Ortszeiten an sechs Orten auf dem Globus. Unter dem Zifferblatt rotiert eine entsprechend bedruckte Ziffernscheibe, deren Positionen mit den Anzeigefenstern im Zifferblatt korrespondieren. Die im 24-Stunden-Format gehaltenen Stundenanzeigen springen synchron zur vollen Stunde um eine Digitale weiter. 

Auf der Scheibe unter dem Zifferblatt und über dem mechanischen Handaufzugs-Pfeilerwerk wurde eine Scheibe platziert, die leider nur Platz für 6 Referenzzeiten zuliess

Zur Grundeinstellung der Uhr muss der Träger nur eine der fremden Lokalzeiten kennen und einmal das Zeigerspiel mit der Krone auf die Heimatzeit einstellen – die zeitlichen Abstände der fünf anderen Ortszeiten sind ja vorgegeben. Das Verstellen der Hauptzeiger über den kronenförmigen Drücker bei der «10» – wahlweise vor oder zurück – hat keinen Einfluss auf die sechs Lokalzeiten, die sich ja auch in Wirklichkeit nicht verändern, nur weil man irgendwo auf der Welt aus einem Flugzeug steigt und rasch die neue Ortszeit einstellen will. In ihrer Mittelstellung ist die Drückerkrone übrigens blockiert und gegen unabsichtliches Verstellen gesichert. 

Das Kaliber 100.7 basiert auf dem klassischen Handaufzug-Pfeilerwerk der Manufaktur, dessen markante «Zweidrittelplatine» eine ästhetische Verneigung vor der Glashütter Uhrmacherkunst zu Zeiten eines Moritz Grossmann darstellt. 

Neben der durchdachten Konstruktion fasziniert die aufwendige Veredelung aller Komponenten von Hand. Das florale Muster auf Unruh- und Ankerradkloben ist ebenso wie die Schrift auf der Räderbrücke von Hand graviert. Oberflächen anderer Teile sind mit traditionellen Schliffen oder Polituren versehen, und vollendete Handwerkskunst zeigt sich außerdem am Sperrrad mit seinem dreifach gestuften Sonnenschliff, welcher von einer breiten hochglänzend polierten Fase eingefasst ist. 

Der Drücker bei der «4» hat übrigens nichts mit der Verstellung der Lokalzeiten zu tun. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine Exklusivität der Kaliberfamilie 100, die die Funktion der Aufzugskrone kontrolliert: Nach dem Einstellen der Zeiger über die gezogene Krone wird das angehaltene Uhrwerk durch Betätigen des Drückers wieder gestartet und die Verbindung der Kronenwelle zur Zeigerstellung gekappt. 

Das Edelstahlgehäuse der Moritz Grossmann Universalzeit hat einen Durchmesser von 44,5 mm und wird am Alligatorlederband getragen. Die Uhr kostet zur Markteinführung 49.980 Euro. Im Gespräch ist eine personalisierte Ausführung, bei der der Kunde – im Rahmen der technischen Möglichkeiten – sich seine sechs Referenzstädte selbst zusammenstellen kann. Das wäre dann auf der einen Seite ein echter Quantensprung in der Individualisierung, auf der anderen Seite wurde das Konzept der Uhr nicht zu Ende gedacht. Christine Hutter hat sich mit dieser Uhr keinen Gefallen gemacht. 

SUMMARY_Mit der Lancierung der “Universal Local Hero” hat sich Christine Hutter von Moritz Grossmann ein Eigentor geschossen. Erstens einmal eine Scheibe mit nur 6 Referenzstädten unter dem Zifferblatt zu positionieren (die Scheibe war einfach zu klein für mehr Städte), dies obwohl der Gehäusedurchmesser mit 44,5 mm nicht zu klein geraten ist. Der Ansatz war gut, aber nicht zu Ende gedacht. Wahrscheinlich hört Frau Hutter auf den falschen Journalisten, dass sie sich mit den falschen Journalisten umgibt, das sieht jeder auf den Fotos, die sie gerne postet. Dann kommt noch der Preis, mit ca. 50’000 Euro bewegt sich die Armbanduhr aus Stahl im oberen Segment, für diesen Preis erhält man tradierte Prestigeträchtige Uhrenmarken mit Klang und Namen, die nicht nur Werterhalt sondern auch Wertvermehrung versprechen. Moritz Grossmann ist eine Marke mit Historie, jedoch das “must to have” Erlebnis fehlt.
Die Schweizer Investoren werden wenig Freude an Hutter’s Entscheidung für diese Uhr haben.

About Karl Heinz Nuber

Nuber ist langjähriger unabhängiger Uhren Journalist und begann seine Karriere in den frühen 80er Jahren. Durch das Sammeln kam er zum Schreiben. Er ist Gründer des vierteljährlich regelmässig bilingual – Deutsch und English - erscheinenden TOURBILLON Magazin’s, der digitalen TOURBILLON Plattform TICK-Talk, der Ausstellungs- und Event Plattform Art of TOURBILLON und TOURBILLON TV. Er tritt regelmässig als Kenner der Branche in Erscheinung.

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